Dr. phil. Christian Boeser-Schnebel, Prof. Dr. Klaus-Peter Hufer, Dr. phil. Karin B. Schnebel und MA Florian Wenzel haben ihr Buch „Politik wagen – Ein Argumentationstraining“ im Wochenschau-Verlag veröffentlicht.
Am Stammtisch wird traditionell viel über Politik gesprochen, oft mit Kompetenz und dem ernsthaftem Bemühen, Politik besser zu verstehen. Oft aber werden auch nur Stammtischparolen ausgetauscht, man verharrt in dumpfer Selbstgerechtigkeit und lässt sich gar nicht erst auf das Wagnis Politik ein.
Stammtischparolen sind nicht nur in Gasthäusern, sondern auch in Cafés, Kantinen, an familiären Esstischen und an vielen anderen Orten zu finden. Platte, aggressive, selbstgerechte und populistische Äußerungen über Politik und Politiker bleiben dabei oftmals unwidersprochen, nicht selten bekommen sie Beifall. Ein derartiges Gespräch auf Stammtischniveau aber hat Konsequenzen für Politik und Gesellschaft: Wenn Politik verachtet wird und Politiker/-innen lächerlich gemacht werden, dann vergiftet dies die politische Kultur. Damit verbunden ist auch eine größer werdende Distanz zwischen Berufspolitiker/-innen und Bürger/-innen: Empirische Befunde und die sinkenden Wahlbeteiligungen zeigen, dass sich immer mehr Menschen von der (Partei-)-Politik abwenden. Allerdings gibt es auch eine zunehmende Bereitschaft zu gesellschaftlichem Engagement. Neue Formen der Partizipation und des politischen Handelns werden gesucht und gefunden. Doch das Problem bleibt: Demokratie kann ihre Potentiale nur begrenzt nutzen, wenn das Verhältnis zwischen Bürger/-innen und (Berufs-)Politiker/-innen gestört ist und wenn nicht beide zusammen Politik wagen.
Die politische Urteilsfähigkeit der Bürger-/innen ist das Lebenselixier der Demokratie. Dazu zählt auch, die Arbeit von Politiker/-innen realistisch ein- und durchaus auch wertzuschätzen und Politiker/-innen nicht mit Stammtischparolen herabzuwürdigen. Andererseits müssen auch Politiker/-innen aufhören, Stammtischparolen zu bedienen oder selbst Stammtischparolen zu verwenden. Letzteres ist beispielsweise der Fall, wenn am Wahlabend von unterlegenen Parteienvertreter/-innen verkündet wird, „die Menschen draußen im Lande“ hätten sie nicht verstanden. Die (oft unausgesprochene) Stammtischparole hinter diesem Statement lautet: „Mit diesem Volk ist kein Staat zu machen!“ Ein ernsthafter Dialog mit den Bürger/-innen ist auf diese Weise nicht möglich.
Kritik ist in einer Demokratie so wichtig wie die Luft zum Atmen. Aber wenn die Bürger/-innen ernst genommen werden wollen und mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten möchten, sollten sie sich nicht platter Parolen bedienen, sondern mit Verstand und guten Argumenten für eine demokratische politische Kultur streiten.
Das vorliegende Argumentationstraining kann hierfür einen Beitrag leisten, indem es hilft, die eigene politische Urteilsfähigkeit weiterzuentwickeln und die individuelle politische Handlungsfähigkeit auszubauen. Es soll nicht bekehren oder besserwisserisch mit belehrenden Äußerungen gegen Stammtischparolen vorgehen. Vielmehr greift es Stammtischparolen auf, um zunächst die dahinter liegenden Enttäuschungen, Frustrationen und die damit verbundene Wut zu verstehen und ernst zu nehmen, und zu einem höheren Diskussionsniveau über Politik und Politiker zu kommen. Auf diese Weise kann letztlich jedes Alltagsgespräch über Politik und damit auch der Stammtisch selbst ein Anlass sein, Politik zu wagen.
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